Kältemittel
11. April 2017

R717 Ammoniak als Kältemittel

Ammoniak trägt in der konventionellen Kältebranche den Ruf gefährlich zu sein

Geschichte des Ammoniaks in der Kälte-Industrie

Ammoniak (NH3 oder R717) ist das Kältemittel, das als erstes in Kaltdampfmaschinen um 1870 eingesetzt wurde.Mehr als 100 Jahre wird es demnach bereits als Kältemittel in Großkälte- und Industrieanlagen verwendet.

 

Eckdaten

NH3 hat den geringsten TEWI (Total Equivalent Warming Impact = direkter Treibhauseffekt des Kältemittels, sowie indirekter Treibhauseffekt durch den Energieverbrauch der Anlage).

Das Ozonabbaupotential (ODP) von Ammoniak beträgt 0. Damit gilt Ammoniak als verhältnismäßig umweltfreundlich.

Die geringe molare Masse von NH3 im Verhältnis zu Luft führt dazu, dass aus einer Kälteanlage gasförmig austretendes Kältemittel sehr schnell im Raum aufsteigt und von der Decke über einen Abluftventilator aus dem Raum herausgebracht werden kann.

In der Stratosphäre beträgt die Lebensdauer von NH3 etwa sieben bis vierzehn Tage. Damit gilt es als sehr kurzlebig.

Die Verdampfungstemperatur von NH3 liegt bei etwa -33 °C (Atmosphärendruck).

Kälteanlagen mit einer tieferen Verdampfungstemperatur als -33 °C arbeiten somit im Unterdruckbereich. Damit führen alle Undichtigkeiten auf der Saugseite zum Eintrag von Luft und Luftfeuchtigkeit in die Kälteanlage.

Zu Wasser (Feuchtigkeitseintrag) hat NH3 eine hohe Affinität. 1 kg Wasser kann theoretisch bis zu 7 kg NH3 lösen; es entsteht dabei Ammoniumhydroxid (Salmiakgeist). Das Einlösen von NH3 ist ein exothermer Vorgang. Die Lösung erwärmt sich dabei stark.

Eine NH3-Anlage mit hohem Wassergehalt lässt die Leistung sinken. Hier empfiehlt es sich, eine NH3-Trocknungsanlage (auch leihweise) zu installieren.

Grundsätzlich sollten Anlagen, die im Unterdruckbereich arbeiten, mit einem automatisch arbeitenden Entlüfter ausgestattet sein. Dieser sorgt dafür, dass Fremdgase permanent aus der Kälteanlage gebracht werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei NH3-Kälteanlagen ist das Kältemaschinenöl.

NH3 verbindet sich im Gegensatz zu Freonen nicht mit den standardmäßig eingesetzten Ölen, wodurch sich eine grundsätzlich andere Ölrückführung ergibt.

Weiterhin müssen NH3-Anlagen grundsätzlich aus Stahl bzw. Edelstahl gebaut werden, da NH3 Kupfer und z. B. Bronze angreift und zerstört. Somit sind Hersteller und ihre Produkte für NH3-Kälteanlagen meist gänzlich andere als bei konventionelle Freon- bzw. Kohlenstoffdioxid(CO2)-Kälteanlagen.

ABER

In der konventionellen Kältebranche hat NH3 den Ruf, gefährlich zu sein!Ein Vorurteil?

Meines Erachtens ist die Angst völlig unbegründet!

 

Wie gefährlich ist NH3?

Früher wurden Ammoniak-Riechampullen verwendet, um Personen aus der Ohnmacht zu retten, heutzutage wird es eingesetzt, um beispielsweise Borderline-Patienten zu therapieren.

Während sich weltweit unzählige Menschen bedenkenlos ihre Frühstückseier aus dem Hühnerstall holen, ohne vom unbestritten starken Ammoniakgeruch einer derartigen Einrichtung abgeschreckt zu sein, gilt NH3 in Industrie-Maschinenräumen als gesundheitliches Risiko.

Dabei ist NH3 im Vergleich zu CO2 eher ungefährlich.

Die Wahrnehmungsschwelle des NH3 für den Menschen liegt bei 1-3 ppm und ist so niedrig, dass man schon längst die Flucht ergriffen hat, bevor ein gesundheitsgefährdender Zustand eintritt.

CO2 dagegen riecht man nicht. Es ist schwerer als Luft, setzt sich beim Einatmen in den Lungen ab, bleibt dort liegen und kann nicht mehr abgehustet werden. Eine Erstickung ist fast unvermeidlich.

Bei neu gebauten Kälteanlagen mit NH3 gilt: Man riecht fast gar nichts!

Für NH3-Kälteanlagen gelten durch aktuelle Normen und Richtlinien festgelegte hohe Sicherheitsanforderungen. Dadurch kann ein Havarie-Fall nahezu ausgeschlossen werden.

Lediglich bei der Anlagenbefüllung oder im Servicefall kann eine geringe Menge des giftigen Ammoniaks austreten. Dabei schützt sich ein geschulter Kältetechniker durch bewusste, erprobte Arbeitsschritte und eine persönliche Schutzausrüstung (PSA).

Es bleibt zu bedenken, dass NH3 brennbar ist. Es entzündet sich bei einer Konzentration in der Luft zwischen 15 % und 28 %.

Die komplette Abschaltung einer Anlage aber erfolgt bei einer Konzentration von etwa 30.000 ppm, also etwa 3 %.

Die Zündtemperatur ist jedoch mit 650 °C sehr hoch und die Verbrennung muss durch ein Stützfeuer permanent aufrecht gehalten werden.

Dennoch ist eine hohe Konzentration von NH3 in geschlossenen Räumen unbedingt zu vermeiden! Dies wird durch die Installation einer Lüftungsanlage entsprechend den Vorschriften und Normen erreicht. Dadurch würde gewährleistet, dass bei bedachtem Betreiben einer NH3-Anlage, das Risiko eines Brandes fast ausgeschlossen werden kann.

 

Kosten-Check

Unter dem Gesichtspunkt der Gesamtkosten schneiden NH3-Kälteanlagen mit ihren geringen Betriebskosten im Vergleich zu R134a und R404A besonders gut ab.

Auch im Vergleich zu dem mittlerweile verbotenen Kältemittel R22 ist NH3 klar besser - in erster Linie aufgrund des geringen Energieverbrauchs.

Durch die außerordentlich hohe Enthalpiedifferenz von NH3 (etwa 6 x höher als R22) und einen vergleichsweise geringen umlaufenden Massenstrom besitzt NH3 die mit Abstand günstigsten Werte.

Das bedeutet, dass NH3 die größte Kälteleistung je kg Kältemittel besitzt.

Somit erreichen NH3-Kälteanlagen im Vergleich zu anderen Kältemitteln hohe COP Werte (coefficient of performance).

Hinzu kommt, dass NH3 im Vergleich zu allen anderen Kältemitteln das mit Abstand preisgünstigste ist.

 

Fazit

Wirtschaftlich betrachtet und mit Blick auf die Umweltfreundlichkeit ist NH3 das ideale Kältemittel.

Von der Giftigkeit sollte man sich nicht zurückschrecken lassen, denn wie gesagt ein bisschen NH3 schnüffeln, befreit die Nase.

 

R.Desens

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